Sollte? Hätte? Könnte? Würde?
Machen!!!
Diese Headline zog sich über den gesamten Verlauf unserer Aktion.
Am 04.03.2022 begann die Planung für unsere Feuerwehr-Hilfsaktion und irgendwie waren wir da schon mittendrin. Auslöser war letztendlich ein kurzer Fernsehbeitrag, in dem über eine seit 2017 bestehende Partnerschaft der Feuerwehr Tramm, Kreis Herzogtum-Lauenburg SH, mit Feuerwehren aus dem Bezirk Sambir (ca. 75km südwestlich von Lwiw) in der Ukraine berichtet wurde. Hieraus ging hervor, wie schlecht die Kameraden vor Ort ausgestattet sind und wie dies gerade in der aktuell vorherrschenden Lage zu immer mehr Problemen bei der Bewältigung der Einsätze führt. Kurzerhand wurde der Kontakt aufgenommen und die Frage geklärt, womit wir unterstützen könnten.
Antwort: Mit allem!
So starteten wir einen Aufruf über alle uns verfügbaren Kanäle an die Feuerwehren im Kreis Plön, ihre Kleiderkammern und ihr Equipment nach zu entbehrenden Ausrüstungsgegenständen zu durchforsten. Beim ersten Treffen gingen wir davon aus, dass wir es bestmöglich schaffen würden ein Feuerwehrfahrzeug mit Anhänger mit Ausrüstung zu beladen. Es kristallisierte sich relativ schnell heraus, dass wir mit dieser Annahme absolut falsch lagen.
Innerhalb kürzester Zeit wurden uns so viele Listen zugesandt, dass wir unsere Planung deutlich ausdehnen mussten. Letztendlich waren es 21 Feuerwehren und zwei Feuerwehrtechnische Fachhändler, die uns insgesamt 45m³ / 12 Tonnen Material zur Verfügung stellten. Das Highlight kam aus der Gemeinde Schönkirchen, die ihr jüngst ausgemustertes Löschfahrzeug vom Typ LF8 zum Verbleib in der Ukraine benannten.
So mussten wir die Logistik doch deutlich erweitern, am Ende waren es sechs Feuerwehrfahrzeuge und zwei große Anhänger, die am vergangenen Mittwochabend beladen wurden und sich am Freitag, den. 25.03.2022 morgens um 6:00Uhr, auf den Weg an die ca. 1.250km entfernte polnisch-ukrainische Grenze machten.
Mit dabei 11 Feuerwehrkameraden aus dem Kreis Plön und drei Kameraden aus dem Herzogtum-Lauenburg, eine wirklich wild zusammengewürfelte Truppe, die sich größtenteils bis zum Abend der Beladung noch nie zuvor gesehen hatte. Alle hochmotiviert, aber auch in einer starken Ungewissheit, was uns erwarten würde.
Den ersten Zwischenstopp nahe Breslau erreichten wir am Freitagabend gegen 20:30Uhr, hier hatte einer der beteiligten Kameraden eine Unterkunft auf einem Gutshof in Kondratowice für uns organisiert, der Betrieb wird seit 1999 von einer ihm befreundeten deutschen Familie geführt. Am Samstagmorgen um 1:00Uhr ging unsere Reise weiter, 500km bis zum Übergabepunkt lagen vor uns. Die steigende Anspannung war deutlich zu merken, je näher wir der Grenze kamen, desto mehr als Hilfskonvoi gekennzeichnete Fahrzeuge waren auf der Autobahn zu sehen. Gegen 9:30Uhr erreichten wir dann unser Ziel im östlichen Teil der polnischen Stadt Przemysl. Etwa eine halbe Stunde später erreichten dann die vier ukrainischen Fahrzeuge unseren Treffpunkt, vorab konnten wir telefonisch zu den Ukrainern Kontakt aufnehmen (einer unser Kameraden sprach perfekt polnisch, so auch die Ukrainer). Der erste Kontakt war spürbar reserviert, da beide Seiten doch nicht genau wussten, was sie erwarteten. Dies hielt aber keine zehn Minuten an, so war eine deutliche Erleichterung auf unserer, und eine große Begeisterung auf der ukrainischen Seite zu merken. Das Umladen des Konvois dauerte keine halbe Stunde, parallel wurde das LF8 von den mitgereisten Schönkirchener Maschinisten an die zwei ukrainischen Maschinisten übergeben und die Technik erläutert. Dies alles über unseren polnisch sprechenden Dolmetscher, dass ein oder andere Mal musste dann aber doch der Google-Translator zu Rate gezogen werden, da die technischen Begriffe nicht unbedingt im Umgangssprachgebrauch bekannt waren. Viel lief auch über „Hände und Füße“ und „Learning by Doing“, am Ende waren aber alle Unklarheiten beseitigt. Im Anschluss an die Übergabe der Papiere und Dokumente (auch für den Export des LF8) bestanden die ukrainischen Kameraden darauf uns noch mit einem Kaffee (ja, auch dort gibt es Mc Donalds) zu versorgen. So verbrachten wir eine ganze Zeit bei Kaffee und von uns eigentlich als Reiseproviant mitgebrachtem Kuchen. Diese Zeit konnten wir nutzen, um uns mit den Ukrainern zu unterhalten, einer von Ihnen sprach sogar sehr gut Englisch, was uns unheimlich viel gegeben hat, da die Konversation über Dolmetscher doch einen Unterschied macht.
Gegen 12:00Uhr mittags starteten die Ukrainer dann vollgepackt mit unserem gesammelten Equipment und dem Löschfahrzeug in Richtung Heimat und auch wir machten uns wieder auf den Weg nach Kondratowice, wo wir erneut unser Nachtlager bezogen haben.
Von dort aus sind wir dann am Sonntagmorgen um 10:00Uhr wieder in Richtung Heimat gestartet, die wir dann gegen 21:30Uhr erreichten. Unsere Heimat, unser Wohlstand, unser Frieden.
Die Rückfahrt verlief sehr still, alle beteiligten waren doch emotional sehr aufgeladen und mussten ihre Gedanken sortieren. Dieser Zustand hält bei allen nach wie vor an.
Die Begegnung mit den Menschen hat die Sicht auf den Krieg, der irgendwie so nah, aber doch so weit weg zu sein schien, komplett verändert. Es gibt dazu jetzt Gesichter und Menschen, die wir zwar nur flüchtig kennenlernen durften, aber dennoch in unser Herz geschlossen haben. Menschen, die sehr, sehr dankbar sind und die in der Ukraine ihr Leben riskieren um anderen zu helfen. Menschen, die uns einen unglaublich starken Willen gezeigt haben. Menschen, die uns eingeladen haben sie in der Ukraine zu besuchen und zwar nach eigener Aussage nicht wenn der Krieg vorbei ist, sondern wenn die Ukraine „IHN“ besiegt hat.
Wir sind unglaublich dankbar und auch sehr stolz, ein Teil dieser Aktion gewesen zu sein.
Geprägt von der Aussage, die uns immer wieder genannt wurde und die wir nie vergessen werden: „Slawa Ukraijni!“ (Ruhm der Ukraine!)
Wir möchten uns an dieser Stelle bedanken, bedanken bei den vielen vielen Menschen, die unsere Aktion unterstützt und somit erst möglich gemacht haben:
– Die Feuerwehren und Kommunen, sowie die Fachhandelspartner und die FTZ, die gespendet haben
– Die Feuerwehren und Kommunen, die ohne zu zögern ihre Fahrzeuge für den Hilfskonvoi bereitgestellt haben
– Die vielen Privatpersonen und Unternehmen, die uns mit dringend benötigten Sachspenden, Finanzmitteln für die Logistik und Proviant unterstützt haben
– Unserem Friedrich, der dank seiner Kontakte und seiner Sprachkenntnisse einen unglaublich hohen Beitrag geleistet hat
– Der Familie von Kap-Herr, bei denen wir zweimal auf unserer Reise einen sicheren Hafen ansteuern und eine unglaublich hohe Gastfreundschaft erleben durften
– Unseren Familien, die uns immer den Rücken gestärkt und unsere Aktion unterstützt haben
– Und nicht zuletzt bei unserer Reisegruppe Blaulicht.
14 Feuerwehrkameraden, die gemeinsam eine eindrucksvolle Reise erlebt haben, die weit über die „normale“ Feuerwehrkameradschaft hinausgeht.
Seid stolz auf das was ihr geleistet habt, wir sind es auf jeden Fall!
In tiefer Dankbarkeit,
Matthias Slamanig
Amtswehrführer Amt Preetz Land / Wehrführer FF Rastorf
Matthias Hansen
Wehrführer FF Barmissen